Dienstag, 4. März 2008
Gehirnwaesche, ausbildungsbedingt
Der bisherige Leiter der Rechtsabteilung meiner Ausbildungsstelle kommt auf seine letzten (Arbeits-) Tage immer einmal wieder bei mir im Buero vorbei um sich mit mir ueber dieses und jenes zu unterhalten. Heute waren es keine Berge und keine Immobilienpreise sondern die juristische Ausbildung. Bekanntlich hadere ich mit ihr und ernte dafuer meist viele imaginaere Beulen. Zumeist habe ich eher unklar formulert, dass ich "Juristen nicht mag", deren Denkstruktur nicht mag, dass ich sie irgendwie einseitig finde.... UNd irgendwie fehlt mir die Sinnlichkeit in der ahrnehmung der Welt. Die Hoerner habe ich mir in all den Jahren nicht abgestossen. Und obendrein hab ich mich nie assimilieren koennen, oder, wie eine schauspielernde Freundin sagen wuerde, "in die Situation hineinentspannen" koennen. Einfacher formuliert: "Ich? Eine Juristin? NIE!"

Nun sprachen wir aber ueber Sinn und UNsinn der juristischen Ausbildung und ueber den Juristen als solchen. Er meinte dazu, dass das Studium vornehmlich auf der Vermittlung einer spezifischen, der Materie angepassten und fuer die Organisation und aufrechterhlatungunseres Rechtssystems notwendigen Denkstruktur diene. Das Studium wuede diese Vermitteln, da sie die Grundlage allen juristischen Arbeitens sei. Der ausgebildete Jurist wuerde einer Gehirnwaesche unterzogen, neue Denkmuster angelegt und zu einem reinen kOPFMENSCHEN erzogen. Ein Jurist sei immer und lediglich in der Lage, eine Konfliktlage intellektuell zu erfassen und im Rahmen des ihm vermittelten Denkschemas zu zerteilen und aufzubereiten. Ein Mensch, der ueber 10 Jahre einen rein jursitschen Beruf intensiv ausgeuebt habe, koenne sich diesem Vorgehen in seinem Alltag nicht mehr entziehen und "mit demm kann man sichnicht mehrunterhalten".

Spricht es nun fuer oder gegen mich, dss ich nicht assimliert bin?
Fuer mich spricht meine Standhaftigtkeit, meine eigenen Denkmuster und Werte als Massstab meiner gesellschaftlichen Handlungen zu erhalten.
Gegen mich spricht, dass ich das, was er sagte, nicht habe sehen koennen. Ich konnte mich nicht oeffnen (obwohl, irgendwie war immer klar, das ich "nicht so werden" wollte, ohne sagen zu koennen, was "so" denn nun eigentlich sein sollte. Ich hab mich quer gestellt, geweigert, schlechte Noten kassiert, laechelnde Blicke....) und schlichtweg sagen: wenn ich Jura praktiziere, muss ich voruebergehend das System wechseln.

Es bleibt abzuwarten, was in der Zukunft mit den Denksystemen geschieht............ entgleiten sie mir? Gehe ich in einem System auf?





Inzwischen bin ich gerne Juristin. Ich find es inzwischen richtig gut sagen zu koennen: "Ich habe das studiert. Ich kann das. Und uebrigens jezt reden wir aber ueber was anderes, denn das kann ich auch, und darin bin ich richtig gut."
Und was soll ich sagen? Ploetzlich klappt es mit dem small talk, hihi, denn hier gibt es viele die ausser von ihrem Job von nix 'ne Ahnung und schon gar nicht eine fundierte Meinung. Nur meine, das tut jeder......

(Aeh........ an der tatsaechlichen inhaltlichen Qualitaet dessen was ich "kann" arbeite ich derzeit.)

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Ich denke, dass dieser Mensch absolut recht hat und dass es auch in einem gewissen Mass sinnvoll ist, solche Denkstrukturen anzuerziehen, so wie fuer andere Berufe z.B. bestimmte motorische Reaktionen so oft wiederholt werden, bis sie vollstaendig automatisch sind, weil man eben in der angepeilten Situation nicht nachdenken kann, sondern in Sekundenbruchteilen richtig reagieren muss... (Weiss nicht, ob du das mit dem Flugzeug in Hamburg mitbekommen hast, dessen Fluegel aufgrund der Orkanboeen beim Landen den Boden geschrammt hat, woraufhin der Pilot durchgestartet ist und wieder abgehoben hat - das war so eine antrainierte automatische Reaktion). Also, wie gesagt, sicherlich ist es einerseits sinnvoll. Andererseits aber wird doch am Rechtssystem oft gerade seine "Unmenschlichkeit" kritisiert - da gibt es ja auch diverse Filme zu, von "Michael Clayton" zu diesem Film mit Keanu Reeves und Al Pacino, "Der Anwalt des Teufels" oder wie der hiess. Tja, ein schoenes Dilemma. Wenn alles verhandelbar wird, weil es ja emotional vielleicht in im Einzelfall nicht richtig ist, eine Regel oder ein Gesetz anzuwenden, dann sind die Regeln nicht mehr zuverlaessig (und damit auch nicht fuer alle gleich), wie man hier in Italien sehr schoen beobachten kann. "Lass die Regel Regel sein" ist sicherlich positiv, wenn man entscheiden muss, ob man einem Fussgaenger, der um 2h nachts die Strasse bei Rot ueberquert, wirklich unbedingt eine Strafe verpassen muss, oder wenn das dazu fuehrt, dass z.B. das faschistische System sehr viel weniger "gruendlich" und damit unmenschlich war als der deutsche Nationalsozialismus; aber verlaessliche Regeln erleichtern ungemein das Leben und erhoehen deutlich das Zugehoerigkeitsgefuehl fuer ein Gemeinwesen und die Bereitschaft, sich fuer dieses auch persoenlich einzusetzen. Hm, ich sag's ja immer, man muesste einen Mittelweg zwischen Italien und Deutschland erfinden (ich versuche das persoenlich zu praktizieren :-) ), das waere mein Traumland!

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Ah, und was ich eigentlich sagen wollte: ich finde, deine "Sturheit" spricht absolut fuer dich!!! (zumindest aus Nicht-Juristen-Sicht) :-))

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